Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Unternehmen aus China kaufen in Europa weniger zu

Erscheinungsdatum Website: 17.07.2018 13:21:48
Erscheinungsdatum Publikation: 17.07.2018

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FRANKFURT (Dow Jones)--Chinesische Unternehmen haben in diesem Jahr in Europa bislang weniger zugekauft als im Vorjahreszeitraum. Das Investitionsvolumen hat sich sogar mehr als halbiert, wie aus einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) hervorgeht. In der ersten Jahreshälfte gab es demnach in Europa 12 Prozent weniger Übernahmen und Unternehmensbeteiligungen, die Zahl sank von 126 auf 111.

Das Investitionsvolumen schrumpfte von 31,6 auf 14,9 Milliarden US-Dollar. Auch die Zahl der großen Deals mit einem Volumen von mehr als 500 Millionen Euro halbierte sich in etwa - von elf im ersten Halbjahr 2017 auf nur noch fünf.

Damit setzt sich der Trend des vergangenen Jahres fort. Seit dem ersten Halbjahr 2016, als europaweit 176 Transaktionen durchgeführt wurden, sinkt die Zahl chinesischer Transaktion in Europa kontinuierlich.

Als Investitionsziele besonders beliebt waren in den ersten sechs Monaten 2018 nach wie vor Deutschland und Großbritannien. Dort fanden die meisten Transaktionen statt, die Zahl der Zukäufe sank in beiden Ländern zusammen aber von 26 auf 22. Da es sich in Großbritannien überwiegend um kleinere Deals handelte, schrumpfte das Investitionsvolumen auf den britischen Inseln von 16,2 auf 0,6 Milliarden Dollar, wie EY mitteilte.

Wachsendes Interesse an Infrastruktur, Energie, Hightech

In Deutschland stiegen die Investitionen zwar von 6,7 auf 9,9 Milliarden US-Dollar. Dazu trug aber der Einstieg des chinesischen Autobauers Geely bei Daimler mit einem Volumen von geschätzt 8,9 Milliarden US-Dollar den Löwenanteil bei.

In Frankreich stieg die Zahl der Übernahmen von zehn auf 13. Darunter war auch die Übernahme des französischen Computerspielproduzenten Ubisoft durch eine Investorengruppe, zu der auch der Internetgigant Tencent gehört, für rund 2,5 Milliarden US-Dollar. In Italien fanden zwölf Übernahmen statt, nach elf im Vorjahreszeitraum.

Die Wirtschaftsprüfer verzeichneten auch eine Verschiebung der Schwerpunkte: "Investitionen in klassische Industrieunternehmen verlieren für die Chinesen an Attraktivität, obwohl in diesem Bereich nach wie vor die meisten Transaktionen stattfinden", sagte Yi Sun, Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz bei EY.

Europaweit sei die Zahl der gekauften europäischen Industrieunternehmen im Halbjahr massiv von 43 auf 23 gesunken. "Wir sehen aber ein deutlich steigendes Interesse an Zukäufen in den Bereichen Infrastruktur, Energie, Hightech und Pharma - auch wenn einige der geplanten Transaktionen nicht zustande kommen", so EY weiter.

Gründe für das Scheitern sind laut der Studie teilweise politische Bedenken und die Sorge vor einem Abfluss von Know-how nach China. Zum Teil seien die chinesischen Investoren aber auch von anderen Interessenten überboten worden oder die Finanzierung kam nicht zustande, da die regulatorischen Anforderungen in China verschärft wurden.

Andererseits sei ein Einstieg chinesischer Investoren für viele Unternehmen auch ein Glücksfall, etwa wenn das Unternehmen ansonsten vor der Insolvenz stand oder etwa ein deutscher Mittelständler an Wachstumsgrenzen stoße. "Ein chinesischer Investor mit der entsprechenden Finanzkraft und Zugang zum chinesischen Absatzmarkt ist da häufig genau der richtige Partner", sagte Yi.

DJG/sha/apo

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