Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Merkel schwenkt bei Eurozone-Budget auf Macron ein

Erscheinungsdatum Website: 19.06.2018 18:25:02
Erscheinungsdatum Publikation: 20.06.2018

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BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will stärker auf die französischen Vorschläge zur Vertiefung des Euroraums eingehen als bisher. Die Kanzlerin kündigte nach einem Treffen mit Präsident Emmanuel Macron auf Schloss Meseberg an, dass sie die Einführung eines eigenen Haushalts für die Eurozone unterstützt. "Wir setzen uns ein für ein Euro-Budget", sagte sie bei der gemeinsamen Pressekonferenz. Sie nannte noch keine Details über die Höhe des Haushalts. Das Geld soll ihren Worten nach dafür genutzt werden, um "Investitionen zu stärken".

Das Budget ist eine zentrale Forderung Macrons für die Reform der Wirtschafts- und Währungsunion, um sie gegen künftige Krisen zu wappnen. Der Staatschef sagte, beide Länder hätten sich geeinigt auf die Schaffung eines Eurozonen-Budgets "mit einer Investitionskomponente" für die Länder der Eurozone. "Das ist ein echter Haushalt mit Einnahmen und Ausgaben auf Jahresbasis", betonte er. Starten werde das Eurozonen-Budget 2021 mit der neuen mittelfristigen Finanzplanung.

Aus mehreren Quellen gespeist

Die Mittel sollten aus nationalen Transfers oder durch Steuereinnahmen aufgebracht werden, die zugewiesen würden. Merkel nannte als Beispiel eine Finanztransaktionssteuer, für deren Einführung ein neuer Anlauf genommen werden soll. Die Details stünden aber noch nicht fest und könnten den europäischen Partnern auch nicht in Stein gemeißelt auf den Tisch gelegt werden. "Das werden wir noch mit unseren Partnern besprechen", erklärte Macron.

Zusätzlich wollen Merkel und Macron den EU-Partnern auf dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am 28. und 29. Juni vorschlagen, dass die Eurozone einen weiteren Notfalltopf bekommt. Merkel sprach zuletzt von einer Kreditlinie mit einem Volumen im niedrigen zweistelligen Milliardenbereich. Euro-Staaten, die unverschuldet in eine Wirtschaftskrise geschlittert sind, sollen die Mittel erhalten und bei besserer Lage wieder zurückzahlen.

Der Währungsfonds soll kommen - heißt aber anders

Außerdem wird die Erweiterung des Eurorettungsfonds ESM von beiden großen Führungsnationen Europas getragen. Merkel erklärte aber, dass das Vehikel nun doch nicht Europäischer Währungsfonds heißen soll. Paris und Berlin stimmen auch darin überein, dem Fonds die Letztabsicherung für die Rettung von Pleitebanken zu übertragen. Daran hatten die Finanzminister beider Länder in den letzten Wochen intensiv gearbeitet.

"Wir können mit unseren Vorschlägen einen guten Schritt vorangehen", zeigte sich die CDU-Vorsitzende zufrieden. Es liege noch Arbeit vor den Europäern, aber heute sei ein kleines Stück des Weges geschafft. Ob all die Vorschläge zur Ertüchtigung der anfälligen Währungsunion Realität werden, ist derzeit aber fraglich. Starker Widerstand gegen zusätzliche Gelder für den Euroraum kommt aus den Niederlanden und Nordeuropa.

Darüber hinaus verständigten sich Deutschland und Frankreich in Meseberg darauf, die Verteidigung des Kontinents europäischer zu organisieren. Bei der drängenden Frage der Migration und Grenzsicherung sagte Macron der schwer unter Druck stehenden Kanzlerin zu, dass sein Land bereits registrierte Flüchtlinge zurücknehmen werde, sollten diese nach Deutschland weiterreisen. "Das kann ich ihnen bestätigen", antwortete er auf eine Frage eines Journalisten. Beide Politiker sprechen sich außerdem dafür aus, dass die europäische Grenzschutzagentur Frontex deutlich verstärkt werden müsse.

DJG/chg/mgo

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