Euro Intern

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Scholz sieht "komplett neue Realität" nach dem Brexit

Erscheinungsdatum Website: 20.04.2018 00:15:02
Erscheinungsdatum Publikation: 23.04.2018

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WASHINGTON (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat in zwei Diskussionsrunden in Washington auf noch unabsehbare Folgen des britischen Ausscheidens aus der Europäischen Union (EU) verwiesen und die Notwendigkeit betont, angesichts dessen schnell zu Einigungen über Reformen zu kommen. Auf die Formulierungen in seinen vorab veröffentlichten Manuskripten für die Reden verzichtete der Finanzminister dabei weitgehend.

"Wenn das Vereinigte Königreich die EU verlassen haben wird, wird die Mehrheit der Bevölkerung und des BIP Euro sein", sagte Scholz in einer auf Englisch geführten Debatte beim German Marshall Fund. "Das wird ein kompletter Wechsel sein." Es werde Konsequenzen geben, "die wir uns heute nicht vorstellen können", meinte er. "Das wird dann eine komplett neue Realität sein." Jetzt sei deshalb die Zeit für Reformen. "Die wichtigste Frage für dieses und nächstes Jahr ist die Bankenunion", sagte Scholz. "Ich denke, wir werden in der Lage sein, die nächsten Schritte zu ergreifen."

Mit Blick auf die Bankenunion betonte Scholz, alle miteinander hätten bereits vereinbart, dass es eine Letztabsicherung für die Banken geben solle, und wüssten, dass dies "etwas mit der Quote notleidender Kredite zu tun" habe. "Der Unterschied zur Vergangenheit ist, dass wir zu einer Lösung kommen müssen", betonte er. Bei der Bankenunion müsse ein System entwickelt werden, dass die Widerstandsfähigkeit gegen Krisen erhöhe. Dafür seien noch einige Fortschritte nötig, die mit den notleidenden Krediten zu tun hätten.

In einer Diskussion beim Internationalen Währungsfonds (IWF) stellte er ebenfalls auf die veränderte Lage nach dem Brexit ab. Da betonte Scholz, man müsse "Europa als Ganzes sehen", und verwies auf noch "nicht klare" Folgen des Brexit. "Niemand hat wirklich über die Konsequenzen dieses Wechsels nachgedacht, der passieren wird." Die jetzt diskutierten Themen würden dann nicht die größten Fragen sein. "Dies wird Effekte haben, die wir jetzt noch nicht kennen können", konstatierte Scholz. "Aber es wird es einfacher machen, zu einer gemeinsamen Reformagenda zu kommen."

In seinem vorab von der Pressestelle zur Verfügung gestellten Manuskript hatte der Finanzminister auch darauf gedrungen, dass es einen effizienten Risikoabbau bei den Banken geben müsse, bevor man anfangen könne, "über weitere Risikoteilung zu reden". In dem Manuskript für seine andere Rede hatte der Finanzminister Handelsprotektionismus verurteilt und betont, dieser habe "nie irgendeiner Seite genützt". Beide Formulierungen verwendete er in seinen Ausführungen nicht oder nur in abgewandelter Form.

DJG/ank/gos/23.04.2018

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