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EU-Parlament warnt London vor Dumping-Politik nach Brexit

Erscheinungsdatum Website: 14.03.2018 17:00:04
Erscheinungsdatum Publikation: 15.03.2018

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STRAßBURG (AFP)--Das Europaparlament hat Großbritannien vor dem Versuch gewarnt, sich nach dem Brexit durch Dumping-Praktiken Vorteile im Handel zu verschaffen. Das Parlament werde einem künftigen Handelsabkommen mit London nur zustimmen, wenn dieses "gleiche Ausgangsbedingungen" und ein Einhalten der von der EU festgesetzten Standards gewährleiste, heißt es in einer am Mittwoch verabschiedeten Entschließung. Dies gelte etwa für einen "fairen und regelbasierten Wettbewerb", staatliche Beihilfen sowie für Sozial- und Arbeiternehmerrechte.

"Gleichwertige Niveaus" müssten bei den künftigen Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich vor allem bei Umwelt- und Verbraucherschutz, Lebensmittelsicherheit und Maßnahmen gegen den Klimawandel sichergestellt sein.

Das gleiche gelte für den Kampf gegen Steuervermeidung und Geldwäsche, betonte das Parlament mit Blick auf die britischen Steueroasen. Grundsätzlich gelte, dass Großbritannien nach dem Brexit nicht mehr dieselben Rechte und Vorteile genießen könne wie die EU-Staaten.

Da die Regierung in London einen Verbleib im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion ablehne, bleibe nur die Möglichkeit eines Freihandelsabkommens, stellte das Parlament fest. Dieses könne formal aber erst abgeschlossen werden, wenn Großbritannien aus der EU ausgetreten und somit ein Drittland geworden sei. In Kraft treten könne ein solches Abkommen nur mit Zustimmung des Europaparlaments.

Seine Zustimmung will das Europaparlament an eine Reihe von weiteren Bedingungen knüpfen. So will es die "Integrität und ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Binnenmarktes und der Zollunion" sicherstellen. Ein "Rosinenpicken einzelner Bereiche des Binnenmarktes" werde nicht hingenommen, heißt es dazu in der Entschließung.

Auch müsse London klar sein, dass der Marktzugang für Dienstleistungen im Rahmen eines Freihandelsabkommens begrenzt ist. Dies gelte auch für Finanzdienstleistungen. Für diesen Forderungskatalog stimmten 544 Abgeordnete, 110 - vor allem britische und andere Euroskeptiker - votierten dagegen und 51 enthielten sich. Mit der Entschließung legte das Europaparlament seine Position fest - eine Woche vor dem nächsten EU-Gipfel, bei dem die Staats- und Regierungschefs der EU ihre Leitlinien für die künftigen Brexit-Verhandlungen beschließen wollen.

Die britische Regierung müsse endlich ihre "Illusionen" aufgeben und realistische Vorschläge vorlegen, betonte der SPD-Abgeordnete Jo Leinen. Vor allem dürfe sie bisherige Einigungen nicht wieder in Frage stellen - dies gelte vor allem für die Rechte der in Großbritannien lebenden EU-Bürger und die Zusage, keine "harte Grenze" zwischen Irland und Nordirland zu errichten.

Am Vortag hatte der Brexit-Verhandlungsführer der Kommission, Michel Barnier, vier Säulen für die Zusammenarbeit der EU mit Großbritannien nach dem Brexit genannt: Handel, Kooperation in bestimmten Bereichen - etwa der Forschung - sowie Kooperation bei der inneren Sicherheit und bei der Außenpolitik. Laut EU-Vertrag muss Großbritannien die EU am 29. März kommenden Jahres verlassen - egal, ob bis dahin eine Einigung über die Modalitäten erreicht wurde oder nicht.

DJG/smh

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