Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Unicredit: Powell und wenig Erfahrung in Fed-Spitze bilden Risiko

Erscheinungsdatum Website: 21.11.2017 17:05:30
Erscheinungsdatum Publikation: 22.11.2017

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WASHINGTON (Dow Jones)--Unicredit erwartet, dass sich der designierte Fed-Chef Jerome Powell geldpolitisch an seinen Vorgängern Janet Yellen und Ben Bernanke orientieren wird, so dass die Finanzmärkte vor großen Überraschungen einigermaßen gefeit sein dürften. Allerdings betrachtet US-Volkswirt Harm Bandholz die Tatsache als Risiko, dass Powell deutlich weniger erfahren als seine Vorgänger ist, keine formale ökonomische Ausbildung genossen hat, und dass der Offenmarktausschuss 2018 unterbesetzt und voller Akteure sein wird, die noch unerfahrener als er selbst sind.

"Mit dem Ausscheiden von Stanley Fischer im Oktober, dem vorzeitigen Ausscheiden von William Dudley (New York) und auch von Janet Yellen verliert die Federal Reserve ihre erfahrensten Geldpolitiker", schreibt Bandholz in einem Kommentar. Yellen komme auf 16 Jahre im Offenmarktausschuss (FOMC), Fischer habe zwölf Jahre für die Fed und die Bank of Israel gearbeitet und sei zuvor am MIT der Lehrer Bernankes und Yellens gewesen. Zusammen kämen alle drei auf 36,3 Dienstjahre. "Das sind fast doppelt so viele, wie die FOMC-Mitglieder des Jahres 2018 haben", merkt Bandholz an.

Stimmberechtigte FOMC-Mitglieder sind nächstes Jahr lediglich Jerome Powell, Lael Brainard, John Williams, Loretta Mester und Raphael Bostic. Sechs Plätze bleiben zunächst unbesetzt.

Eine Folge könnten laut Bandholz Kommunikationsprobleme sein: "Die Finanzmärkte prüfen jede Rede genau, so dass missverständliche oder falsch aufgenommene Aussagen unerfahrener FOMC-Mitglieder an den Märkten kleine 'Tantrums' auslösen könnten", warnt der Analyst. Powells fehlende ökonomische Ausbildung dürfte im Normalfall kein Problem werden, das könnte sich allerdings im Falle einer größeren Krise oder eines plötzlichen Schocks ändern. Die Unsicherheit über Powells Verhalten könnte zu erhöhter Volatilität führen.

Bandholz sieht zudem das Risiko, dass US-Präsident Donald Trump den Republikanern, die Powell zu liberal finden, eine Gefallen tun und John Taylor als Fed-Governor oder sogar Powells Stellvertreter einsetzen könnte. "Taylor oder ein ähnlich gesinnter Kandidat könnten den Konsens innerhalb des FOMC über wichtige Fragen wie zum Beispiel den Gleichgewichtszins oder das Tempo der geldpolitischen Normalisierung verändern", gibt der Analyst zu bedenken.

DJG/hab/apo

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