Finanz- und Wirtschaftsspiegel

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Fed-Chefin Yellen sieht keine Gründe für schnelle Zinserhöhungen

Erscheinungsdatum Website: 20.01.2017 15:12:31
Erscheinungsdatum Publikation: 23.01.2017

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WASHINGTON (Dow Jones)--Fed-Chefin Janet Yellen plädiert zwar für eine schrittweise Zinserhöhung, allerdings sei die Bestimmung des richtigen Zeitpunktes "nicht einfach". "Die Anzeichen für eine Überhitzung der Wirtschaft sind derzeit rar und die Risiken klein, dass solche Bedingungen plötzlich auftauchen könnten", sagte sie am Donnerstag in einer Rede an der Stanford-Universität in Kalifornien und signalisierte, dass sie keinen Grund für eine schnelle Zinserhöhung sehe.

"Wenn auch der Arbeitsmarkt im Moment noch nicht überhitzt ist, könnte man sich Sorgen machen, dass das schnell passiert, wenn sich die Arbeitsmarktbedingungen weiter verschärfen, was die Inflation antreibt. Ich halte dies aus mehreren Gründen für unwahrscheinlich", sagte sie weiter.

Der Arbeitsmarkt könne weiter anziehen, weil die Wirtschaft weiter expandiert. Allerdings werde das Wirtschaftswachstum durch eine "vielzahl von Kräften" in Schach gehalten, sagte sie, darunter ein langsames Arbeitskräfte- und Produktivitätswachstum, ein schwaches Wachstum im Ausland und nachklingende Bremsfaktoren aus der Finanzkrise.

Yellen sieht Belastungsfaktoren für Wachstum

"Obwohl ich vorsichtig optimistisch bin, dass einige dieser Kräfte im Laufe der Zeit nachlassen werden, gehe ich davon aus, dass sie das gesamte Wachstum mittelfristig weiter einschränken werden, was dann wahrscheinlich die Zinsniveaus im Einklang mit den stabilen Arbeitsmarktbedingungen hält", erklärte Yellen weiter.

Da sich die Notenbank ihren Zielen einer niedrigen Arbeitslosigkeit und einer Inflation von 2 Prozent nähert, "ist es eine natürliche Frage, ob die Geldpolitik hinter die Kurve zurückgefallen ist. Die kurze Antwort darauf lautet: Ich denke nicht." Die Berichte, dass Unternehmen keine qualifizierten Arbeitskräfte finden könnten, sind für Yellen kein Hinweis auf einen "ernsthaften Arbeitskräftemangel". Die Lohnzuwächse schienen nicht im Einklang mit einem überhitzten Arbeitsmarkt zu stehen, so Yellen.

Yellen stellte weiter fest, dass die Kerninflation vor allem deswegen steige, weil die Auswirkungen früherer Kursbewegungen beim US-Dollar abnähmen und nicht weil es einen Aufwärtsdruck im Zusammenhang mit der Ressourcennutzung gebe.

Die US-Währungshüter hatten im Dezember die Zinsen zum zweiten Mal innerhalb eines Jahrzehnts erhöht. Zugleich signalisierte die Fed, in diesem Jahr energischer aufzutreten. Zurzeit liegen die Zinsen zwischen 0,50 und 0,75 Prozent. Die meisten Volkswirte schätzen, dass die Notenbank in den kommenden zwölf Monaten dreimal die Zinsen erhöhen dürfte. Yellen ließ keinen Zweifel daran, dass sie diese Haltung unterstützt.

Unsicherheit über Fiskalpolitik und Weltwirtschaft

Zu entscheiden, wann und wie stark an der Zinsschraube gedreht werden soll, "wird nicht leicht sein". Sie verwies auf Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Fiskalpolitik und den Aussichten für die Weltwirtschaft. Sie warnte allerdings davor, dass hinausgezögerte Zinserhöhungen die Fed letztlich dazu zwingen könnten, die Zinsen schneller zu erhöhen. Das könnte dann die Finanzmärkte stören und die Wirtschaft in eine Rezession treiben.

"Aus diesen Gründen halte ich es für ratsam, die Haltung der Geldpolitik allmählich im Laufe der Zeit anzupassen - eine Strategie, die die Aussichten auf ein nachhaltiges Wachstum der Wirtschaft verbessern sollte, bei dem dann Vollbeschäftigung auf dem Arbeitsmarkt herrscht und die Inflationsrate bei 2 Prozent liegt, sagte Yellen weiter.

Der Präsident der Federal Reserve Bank von San Francisco, John Williams, sagte am Donnerstag, auch er halte eine schrittweise Zinserhöhung als den besten Weg für die Fed. Er sei zuversichtlicher, dass das US-Finanzsystem "widrigen Witterungsverhältnissen" standhalten könne.

Die nächste Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses findet Ende Januar statt. Volkswirte gehen nicht davon aus, dass die Notenbank dann bereits die Zinsen erhöht. Die Finanzmärkte erwarten, dass erst im Juni eine Zinserhöhung anstehen könnte.

DJG/DJN/cbr/apo

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