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Gabriel dämpft Erwartungen an Treffen zur EEG-Novelle

Erscheinungsdatum Website: 12.05.2016 13:35:03
Erscheinungsdatum Publikation: 13.05.2016

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BERLIN (Dow Jones)--Unmittelbar vor seinem Treffen mit den Länderchefs und Kanzlerin Angela Merkel zur EEG-Novelle hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel Erwartungen an eine schnelle Einigung gedämpft. "Ich glaube, dass wir heute eine erste und wichtige Runde haben", sagte der SPD-Vorsitzende am Donnerstag in Berlin. Angesichts der unterschiedlichen Interessenlagen glaube er aber nicht, "dass wir heute zu einem endgültigen Ergebnis kommen".

Gabriel betonte, dass auch der Bundestag an der EEG-Novelle beteiligt werden müsse. Den Parlamentariern würde es nicht gefallen, wenn ihnen die Regierungen von Bund und Ländern ein fertiges Papier präsentierten. "Deswegen werden wir auch eine Runde mit den Fraktionen drehen müssen und ich glaube, es wird auch noch Beratungen geben müssen", sagte Gabriel.

Er habe sich für das Treffen am Donnerstagabend im Kanzleramt vorgenommen, "dass wir den Versuch unternehme, alle den gleichen Blickwinkel oder die gleiche Sichtweise auf die Probleme zu bekommen." Wenn jeder nur sein eigenes Interesse im Blick habe, "dann wird das nichts", sagte der Minister.

Problem sind die fehlenden Leitungen

Gabriel wies noch einmal auf den Hintergrund der geplanten EEG-Novelle hin. Es gebe einen Konflikt zwischen den Sektorzielen, die mit den Ländern im bestehenden EEG 2014 verabredet worden seien, und mit dem Ziel der Koalitionsvereinbarung, bis 2025 den Anteil der Erneuerbaren an der Bruttostromproduktion auf 40 bis 45 Prozent zu steigern. "Diese beiden Zielentwicklungen passen nicht zusammen", sagte Gabriel.

Wenn man alle Sektorziele einhalte, überschreite man den Ausbaukorridor von 40 bis 45 Prozent. Halte man den Korridor ein, könne man die Sektorziele von jährlich 100 Megawatt bei Biomasse, jeweils 2,5 Gigawatt Photovoltaik sowie 15 Gigawatt Wind-Offshore-Energie nicht halten. Denn schon jetzt liege man bei 33 Prozent Anteil der Erneuerbaren am Bruttostromverbrauch.

Deshalb brauche man in den nächsten Wochen die Entscheidung, ob man den Korridor überschreiten oder die Sektorziele so modifizieren wolle, das man den Korridor einhalten könne, sagte Gabriel mit Blick auf die Verhandlungen mit den Ländern. Im Raum steht dabei unter anderem der Vorschlag, die Ausschreibungsmenge für Windkraftanlagen an Land ab 2017 auf 2.500 Megawatt zu deckeln.

Verbraucher zahlt die Zeche

Ein Korridor sei deshalb wichtig, weil der Ausbau der Stromleitungen nicht mit dem Ausbau der Erneuerbaren mithalte, erklärte Gabriel. Derzeit werde deutscher Strom, der national nicht transportiert werden könne, den Nachbarländern ins Netz gedrückt. Die Rechnung müssten die deutschen Verbraucher zahlen.

Die Nachbarstaaten wiederum stünden bei der EU-Kommission auf der Matte, "weil die deutsche Form der Energiewende die energiewirtschaftlichen Strukturen unserer Nachbarstaaten" beeinträchtige. Deshalb müsse man den weiteren Ausbau der Erneuerbaren mit dem Netzausbau auf einen Nenner bekommen. "Das ist die eigentliche große Aufgabe", sagte Gabriel.

Die Bundesregierung dringt dabei auf die Einhaltung des Ausbaukorridors. Damit der nicht überschritten wird, soll die garantierte Förderung für die Erneuerbaren spätestens ab 2017 durch wettbewerbliche Ausschreibungen ersetzt werden.

Rückendeckung von Woidke

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) stellte sich hinter diese Pläne. "Nach 16 Jahren EEG muss man wirklich darüber nachdenken, wie wir in die Zukunft kommen", sagte er im ZDF-Morgenmagazin. "Und die größte Herausforderung für die erneuerbaren Energien ist die Frage der Zuverlässigkeit." Derzeit kümmere man sich zu wenig um Systemintegration und Versorgungssicherheit. "Das ist eigentlich die Herausforderung, vor der wir stehen", meinte Woidke.

Der SPD-Politiker unterstützte das vorgesehene Ausschreibungsverfahren nachdrücklich. "Wir müssen uns in eine Marktsituation auch im Erneuerbare-Energien-Bereich bewegen", sagte Woidke. Es müsse der Anbieter zum Zuge kommen, "der Strom zum günstigsten Preis erzeugen kann".

Kritik von Grünen und DGB

Grünen-Chefin Simone Peter forderte die Länderchefs dazu auf, die neuen Ökostrom-Reformpläne der Bundesregierung strikt abzulehnen. "Die Ministerpräsidenten müssen heute das energiepolitische Ruder herumreißen", sagte sie der Rheinischen Post. "Dazu ist ein Zubau von mehr als 2.500 Megawatt an zusätzlichen Windkraftanlagen jedes Jahr notwendig und der Deckel für die Solarenergie abzuschaffen."

DGB-Bundesvorstandsmitglied Stefan Körzell erklärte, der aktuelle EEG-Entwurf drohe die Energiewende auszubremsen, da die Planungs- und Investitionssicherheit verloren gehe. Der DGB bezweifele, dass Projekte künftig über Ausschreibungen besser zu bewerkstelligen seien.

chem

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