Ostwirtschaftsreport

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Kasachstan: Importwagen dominieren den Markt
Erscheinungsdatum Website: 03.12.2015 09:35:04
Erscheinungsdatum Publikation: 08.12.2015
ALMATY (owr/gtai)--Während sich die Verkäufe von Neuwagen der offiziellen, also registrierten Autohändler in Kasachstan von 2011 bis 2014 auf rund 164.000 Einheiten fast vervierfachten, ist der Absatz in den ersten acht Monaten dieses Jahres eingebrochen. Er sank um 35,5% zum Vergleichszeitraum des Vorjahres auf knapp 69.000 Kfz. Gründe für den Rückgang sind die eingetrübte Konjunktur sowie rückläufige Realeinkommen.
Noch schwerer drückte der Verfall des russischen Rubels auf den Absatz. In der Folge haben viele Kasachen den zu diesem Zeitpunkt günstigen Wechselkurs und die enormen Preisunterschiede für einen Autokauf im Nachbarland genutzt. Nach Einschätzung des Autohändlers Bipek bezifferten sich die "grauen" Importe aus Russland allein im ersten Halbjahr auf 150.000 Pkw. Nach Angaben von Andrei Lawrentjew, dem Chef des Unternehmens AllurAuto, liegt das gesamte Absatzpotenzial an Neuwagen in Kasachstan aktuell bei rund 220.000 bis 250.000 Kfz pro Jahr, davon 35.000 Pkw im Premiumsegment.
Die Regierung will den Zustrom an Importwagen aus Russland verringern. So dürfen seit Mai keine Kfz mehr aus den Ländern der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) eingeführt werden, die nicht der Euro-4-Norm entsprechen. Seit Juli dürfen zudem nur noch offizielle Kfz-Händler Autos für kommerzielle Zwecke nach Kasachstan importieren. Den Zustrom zum Erliegen gebracht hat aber vielmehr die Abwertung der kasachischen Währung Tenge Mitte August, in deren Folge der Wechselkurs bis dato um rund ein Drittel gegenüber dem US-Dollar eingebrochen ist.
Um die heimischen Hersteller zu stützen, stellt die Regierung seit Frühjahr Mittel für vergünstigte Kredite für den Kauf von Fahrzeuge aus heimischer Produktion bereit. Neue Herausforderungen bringt der WTO-Beitritt des Landes. Kasachstan hat sich verpflichtet, die Zölle für Kfz, die derzeit im Durchschnitt bei rund 25% liegen, von 2016 bis 2020 schrittweise auf circa 15% zu senken. Außerdem laufen bis Mitte 2018 Subventionen für die lokalen Hersteller aus. Um diese dennoch weiter zu fördern, sind höhere Registrierungsgebühren für Gebrauchtwagen und die Einführung einer Verschrottungsgebühr für Importwagen nach russischem Vorbild angedacht. Anlagen zur professionellen Verschrottung von Kfz gibt es bislang jedoch nicht.
Am kasachischen Markt dominieren Importwagen. Ihr Anteil an den Verkäufen der offiziellen Autohändler lag in den ersten acht Monaten 2015 bei 84,4%. Wichtigstes Lieferland ist Russland. Die deutschen Kfz-Exporte nach Kasachstan (SITC-Warenposition 78) sind in den ersten acht Monaten laut Eurostat um 39,2% auf 53,6 Mio EUR gesunken. Bereits 2014 waren sie rückläufig (minus 30,9%).
Der größte Teil der Nachfrage entfällt auf preisgünstige Pkw. Im Zeitraum Januar bis August kosteten 70,8% der verkauften Pkw bis 20.000 USD. Rückläufig war dagegen der Absatz im mittleren Preissegment (20.000 bis 40.000 USD). Der Anteil schrumpfte im Betrachtungszeitraum von 26,6 auf 19,1%. Leicht zugelegt hat dagegen das oberste Preissegment (ab 40.000 USD), dessen Anteil von 9,1 auf 10,1% stieg. Die beliebtesten Automarken sind Lada, Hyundai, Kia und Toyota. Im Premiumsegment ist Lexus führend. Der Verkauf von Nutzfahrzeugen ging von Januar bis August um 27,7% auf 6.874 Einheiten zurück. Fast 80% der Nachfrage entfiel in diesem Zeitraum auf die russischen Marken GAZ (44,8%), UAZ (22,2%) und Kamaz (10,4%).
Die Kraftfahrzeugdichte in Kasachstan ist zwar verglichen mit den EU-Ländern noch gering, stieg aber in den letzten Jahren kräftig an. Für 2014 meldet das nationale Statistikamt einen Bestand von 4,5 Mio Einheiten, darunter 4 Mio Pkw (2007: 2,2 Mio), 0,43 Mio Lkw (360.000) und 99.000 Busse (83.400). Der Pkw-Bestand pro Kopf ist von 13,2 je 100 Einwohner 2007 auf 22 im letzten Jahr gestiegen. Rund 98% aller Pkw hatten einen Benzinmotor. Zu Beginn des vergangenen Jahres waren 79% aller Wagen älter als zehn Jahre. Unter den rund ein Dutzend offiziellen Vertriebsfirmen für neue Pkw dominieren in Kasachstan die Unternehmen Bipek Awto (Marktanteil 2014: 53,2%), Astana Motors (13), Wirash Holding (5,4), Allur Auto (3,3) und Mercur Auto (2,9). Ein weiterer großer Spieler ist UZ DaewooAwto/GM Uzbekistan. Die Autohäuser haben ihr Vertriebsnetz in den vergangenen Jahren landesweit ausgebaut.
Erst in Folge protektionistischer Maßnahmen nach Gründung der Zollunion 2010 ist in Kasachstan eine nennenswerte Kfz-Industrie entstanden. Die lokalen Hersteller montieren Fahrzeuge ausländischer Marken. In den vergangenen Jahren haben sie ihre Produktpalette stetig erweitert. Schwerpunkt der Fertigung sind Pkw der Klein- und Mittelklasse sowie geländegängige Autos. Kernregionen der kasachischen Kfz-Industrie sind die Städte Öskemen und Kostanai im Norden und Nordosten. Bei den Ausbauplänen der Hersteller spielen Absatzperspektiven in den russischen Nachbarregionen eine zentrale Rolle. Angestrebt ist eine Produktion von 200.000 Kfz im Jahr 2019.
Um die Fahrzeuge zollfrei auf den Binnenmarkt der EAWU liefern zu können, müssen die Autowerke den Lokalisierungsgrad in der Fertigung von derzeit 30% bis Mitte 2018 auf 50% steigern. Bislang gibt es allerdings noch keine nennenswerte Teile-Fertigung. Der Staat fördert die Entstehung der Industrie durch günstige Kredite. Die Branche spielt eine wichtige Rolle bei den Plänen zur Entwicklung des heimischen Maschinenbaus.
Größter kasachischer Pkw-Produzent ist die Firma AO Asija Awto, bei der im letzten Jahr rund 28.800 Pkw der Marken Kia, Lada, Skoda und Chevrolet vom Band liefen. Gemeinsam mit der russischen Firma AwtoWAS errichtet das Unternehmen in Öskemen eine neue Fabrik mit einer Kapazität von 120.000 Pkw pro Jahr. Rund 70.000 davon sind für den russischen Markt bestimmt. Die Gesamtkosten für das Werk belaufen sich auf 840 Mio USD. Weitere 630 Mio USD sollen in Anlagen zur Produktion von Fahrzeugteilen wie Stoßstangen, Sitzen, Tanks und Auspuffsystemen fließen. Den Plänen zufolge werden 2018 die ersten Pkw vom Band laufen. In Kooperation mit der Firma AgromaschHolding produzieren AllurAuto und die Unternehmenstochter SaryArka Awtoprom in Kostanai Pkw der Marken SsangYong, Peugeot, Toyota und JAC. Im vergangenen Jahr rollten rund 8.350 Pkw vom Band. Der Lokalisierungsgrad bei den Modellen Nomad (SsangYong) und Fortuner (Toyota) liegt bei 40%. Darin enthalten sind das Verschweißen der Karosserie und die Lackierung. Montiert werden hier auch Lkw und Kleinbusse des Herstellers Iveco, ebenso gibt es Pläne zur Montage von Volkswagen-Nfz. Lkw produzieren in Kasachstan die Unternehmen KamAZ-Engineering (Kökschetau), Hyundai Auto Trans (Almaty) und SemAZ (Semei). Der belarussische Hersteller MAZ errichtet ein entsprechendes Werk in Astana. Gemeinsam mit Daewoo Bus und dem Autohändler Wirash baut SemAZ seit 2007 auch Stadtbusse zusammen.
Kasachstan hat im vergangenen Jahr Kfz-Teile im Wert von 926,3 Mio USD eingeführt. Das waren 4% weniger als 2013. Führendes Lieferland von Kfz-Teilen war Südkorea mit einem Anteil von 28,3% vor Russland (21,2%) und China (10,5%). Mit Lieferungen in Höhe von 24,3 Mio USD kam Deutschland auf einen Anteil von 2,6%. Der Einbruch der Produktion der kasachischen Kfz-Schmieden im bisherigen Jahresverlauf spiegelt sich in einem deutlichen Rückgang der Importe an Vorprodukten wider. Laut Angaben der kasachischen Zollstatistik sank die Einfuhr an Kfz-Teilen aus den Ländern außerhalb der EAWU in den ersten acht Monaten um rund 55,3% auf 208,6 Mio USD.
Import, Vertrieb und Einsatz von Produkten der Kfz-Branche unterliegen in Kasachstan einer Pflichtzertifizierung beziehungsweise erfordern die Vorlage einer Übereinstimmungserklärung. Die Regierungsverordnung Nr. 367 vom 20.4.05 enthält die entsprechenden Regelungen. Die Anschriften der akkreditierten Stellen sowie Prüflabors sind unter www.nca.kz beim nationalen Zentrum für Akkreditierung eingestellt. Informationen über technische Normen und Standards sind beim Komitee für technische Regulierung und Metrologie (www.memst.kz) und den branchenspezifischen Komitees für Standardisierung (www.memst.kz) erhältlich.
Fabian Nemitz (gtai)
Autoparts Central Asia
6. bis 8. Juni 2016, Almaty
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Autoshow/Autoparts
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